„Wieviel Ausland verträgt Deutschland?“ mit Dr. Günter Beckstein Staatsminister und MdL, Fachhochschule Kempten

Pressebericht Allgäuer Zeitung (04.10.2006)

Von Werten, Sprache und der Freiheit

Bayern Innenminister steht Rede und Antwort zum Thema Ausländer in Deutschland

Kempten (se) – Das friedliche Zusammenleben von Christen und Muslimen betrachtet Dr. Günther Beckstein als „Notwendigkeit ohne Alternative“. Und er ist überzeugt, dass die weitaus meisten der Millionen Islam-Gläubigen hierzulande tolerant und friedlich sind. „Von radikalen Fanatikern dürfen wir uns freilich nicht auf der Nase herumtanzen lassen“, unterstrich der bayerische Innenminister bei einer Veranstaltung im gut besuchten Audimax der Fachhochschule. Zum Thema „Wie viel Ausland verträgt Deutschland?“ hatte die „Initiative Gebet“ den 62 Jahre alten Politiker eingeladen.

Und Beckstein erwies sich gegenüber Pfarrerin Susanne Januschke-Ortmann, die die Veranstaltung moderierte, als beschlagener, offenherziger Gesprächspartner. Wenn einer seiner Söhne mit einer strenggläubigen Muslima zusammen wäre – „da hätte ich erhebliche Probleme“, gab Beckstein unumwunden zu. Als Innenminister Asylbewerber abzuschieben stehe indes nicht im Gegensatz zu seinem Leben als evangelischer Christ. „Ich muss mich auch ethisch hinterfragen lassen in meinem Amt.“ Die Aufnahme von Ausländern aus humanitären Gründen stehe für ihn außer Frage: „Wenn aber sämtliche Gerichte feststellen, dass keine Verfolgung droht, dann müssen wir die Betroffenen auch ausweisen.“Anders verhalte es sich mit Menschen mit Spitzenqualifikationen.

„Wenn es einen Lehrstuhl zu besetzen gilt, wird nicht auf den Pass geschaut“, erklärte Beckstein. Wie im Sport suchten sich die Top-Leute in Forschung und Wissenschaft den Platz auf der Welt, wo sie am besten verdienen. Um international mithalten zu können, sei es legitim, den Zuzug von Kapazitäten etwa aus Asien zu fördern – auch wenn beispielsweise in Kempten mehr als 100 Nationalitäten vertreten seien.

Die Integration voranzutreiben sieht Beckstein als gemeinsame Aufgabe von Staat, Gesellschaft, Kirchen und Schulen. Entscheidend sei dabei für Ausländer wie Aussiedler der Erwerb der deutschen Sprache.

Ohne Deutsch komme es bisweilen dazu, dass 50 Prozent junger Türken ohne Arbeit sind. „Das liegt aber nicht etwa am Rassismus der deutschen Arbeitgeber, sondern an der Faulheit der Türken“, rief Beckstein. Dass derzeit in Deutschland mehr Moscheen als Kirchen gebaut werden, überraschte einige Zuhörer. „Woher kommt das Geld, wie kann das sein?“, lauteten Fragen aus dem Publikum, die ausdrücklich zugelassen waren. „Die Türkei gibt Mittel, ein Großteil stammt aus Spenden der Besucher, über deren Zahlungen Listen aushängen“, erläuterte der Minister. Und die Muslime lebten in tiefer Überzeugung ihres Glaubens – anders als viele Deutsche, die ihrer Kirche den Rücken kehrten.

Auch die hiesige Werteordnung müsse bisweilen überprüft werden: Beckstein zitierte einen befreundeten Muslim, der bei den Deutschen Geiz, Sex und Drogen ganz oben auf der Skala sieht. Hochzuhalten sind laut Beckstein dagegen die Errungenschaften des Grundgesetzes wie Religions-, Meinungs- und Kunstfreiheit: „Aus Angst vor dem Islam eine Oper abzusetzen halte ich für falsch.“