„Das Leben in Kempten nach dem Klimawandel“ mit Prof. Dr. Albert Göttle – Allgäuer Überlandwerk

Pressebericht Allgäuer Zeitung (06.07.2007)

„Malaria kein Thema, Hitze schon“

KLIMADISKUSSION Wetterextreme häufen sich - Wird Oberallgäu Obstbaugebiet?

VON SILVIA REICH-RECLA | Kempten Die Hochwassergefahr wird steigen. Durch Regen ausgelöste Hangrutschungen in den Alpen nehmen zu. Es wird extreme Trockenphasen geben und eines ist laut Professor Dr. Albert Göttle todsicher: „Alte Kaminöfen müssen künftig nachgerüstet werden mit einem Wirbelabscheider, ähnlich dem Rußfilter bei Diesel-Fahrzeugen.“

Der Präsident des Landesamts für Umweltschutz (LFU) war neben dem Diplom-Meteorologen Joachim Schug als Experte zu einer Veranstaltung der Initiative Gebet nach Kempten gekommen. Thema im Wasserkraftwerk des Allgäuer Überlandwerks war: „Das Leben in Kempten nach dem Klimawandel“.

Göttle rechnet in Zukunft mit mehr Hitzetagen. Schließlich sei die Durchschnittstemperatur weltweit um 0,8 Grad in den vergangenen 100 Jahren gestiegen. Dieser Trend halte an. Göttle rechnet deshalb auch mit Auswirkungen auf Flora und Fauna: Mehr Wärme liebende Brutvögel werden Einzug halten. „Aber der Brotbaum des Allgäus, die Fichte, ist künftig in Gefahr, nicht mehr genügend Wasser zu bekommen und verstärkt vom Borkenkäfer befallen zu werden.“ Göttle kann sich sogar vorstellen, dass das Allgäu südtiroler Klima bekommt und Obstbaugebiet wird.

Der ehemalige Chef des Wasserwirtschaftsamtes in Kempten wies auch auf die gestiegene Hochwassergefahr hin: „Jedes Mal, wenn in den letzten sieben Jahren in Bayern Hochwasser drohte, war Kempten in der Tat dabei.“

Große Wasser-Rückhalteräume seien wichtig. Die rasche Verwirklichung würde aber meist am Geld und wegen langwieriger Rechstverfahren scheitern. Göttle: „Das Musterbeispiel an der Iller bei Stein hat noch keine Nachahmer in Bayern gefunden.“

Moderatorin, Pfarrerin Susanne Januschke-Ortmann, fragte auch: „Müssen wir im Sommer mit mehr Hitzetoten, häufigen Insektenplagen oder gar der Malaria in Kempten rechnen?“ Göttles Antwort: „Malaria wird bei uns kein Thema sein, mehr Hitzetage wird es aber künftig wohl geben.“ Denn „der Sommer 2003 war der wärmste in den letzten 500 Jahren in Europa, der vergangene Winter ebenfalls“, sagte Meteorologe Schug. So kühl wie in den letzten Tagen sei es jedoch auch selten Anfang Juli gewesen.

„Wetterwahrnehmungen sind subjektiv geprägt“, machte der in Sonthofen geborene Fachmann des Schweizer Unternehmens Meteomedia deutlich. „Kleinräumige Unterschiede“, beispielsweise dass es in einem Stadtteil hagelt, in einem anderen die Sonne scheint, seien „Markenzeichen des Sommerwetters“. Geändert habe sich allerdings die Häufigkeit von schweren Unwettern. „Die haben in der Tat an Intensität zugenommen“, so Schug. Beispielsweise gebe es heute häufiger Hagelschauer als früher. „Markant“ sei auch der Gletscherschwund in den Alpen (siehe auch Allgäu Rundschau).